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Stillstand ist Tod!
Die meisten Schwierigkeiten habe ich in meiner Arbeit als Pfarrer mit den Menschen, die meinen, in der Kirche und Gemeindearbeit müsse alles so bleiben, wie sie es als Kinder einmal erlebt haben. Ich verstehe dahinter durchaus die Sehnsucht nach einer heilen Welt. Wahrscheinlich werden die meisten ihre Kindheit tatsächlich als heile Welt erlebt haben.
Aber den Widerspruch, der sich durch diese Haltung für ihr eigenes Leben ergibt, den nehmen sie nicht wahr. Auf der einen Seite leben, denken und handeln sie nach dem Motto
"Es war schon immer so!" und begegnen jedem stichhaltigen Argument mit einem banalen
"Ja - aber", auf der anderen Seite fahren sie trotzdem nicht mehr ihr Auto von 1962, haben im Haus die modernste Heizung, eine Satellitenschüssel auf dem Dach, ja begegnen ihrem Pastor nicht einmal mehr mit dem Respekt, der vor 40 Jahren noch üblich war.
Nicht, dass ich das brauche, aber es passt doch irgendwie nicht zusammen. Einmal habe ich jemandem auf seine durchaus frech und unsachlich vorgebrachte Kritik geantwortet:
"In einer Kirche, wie Sie sie sich wünschen, hätten Sie so nicht mit mir zu sprechen gewagt!" Ich habe im folgenden ein paar Sätze zusammengetragen, die ich abends in mein Tagebuch geschrieben habe, wenn wieder einmal ein Tag zu Ende ging, an dem ich mich mit einem der
"Ewig-Gestrigen" rumquälen musste:
- Nicht jeder, der den neusten Benz fährt, muss auch wirklich im 21. Jahrhundert angekommen sein.
- Es gibt Menschen, die ihre Meinung so darstellen, als sei es eine Tatsache, und Tatsachen so, als seien sie bloße Meinung. Wen wundert, dass mit solchen Menschen keine neuen Welten zu entdecken sind.
- Vielfach wird heute so gefeiert, als wolle man dem Vergangenen
durch das Heute eine Bedeutung geben.
- Quertreiber meinen oft, sie seien Querdenker, halten aber auch den Quantensprung für eine Sportart.
- Nur der hat das Recht auf eine eigene Meinung, der bereit ist, seinen Horizont zu erweitern. Ansonsten ist seine Meinung nur Vorurteil.
- Sag nie zu jemandem: "Das kannst du nicht machen!", wenn du eigentlich meinst:
"Ich will nicht, dass du das machst." Im Grunde fürchtest du doch nur um deine eigene Ordnung.
- Es heißt: Gott kommt da, wo man ihn nicht erwartet. Vielleicht ist deshalb heute der Stall, die Krippe, eher ein Hindernis, ihm zu begegnen.
(C) 2002 Heribert Ester |
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