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Es
mag mich auf die rauhe Bahn
Not, Tod und Elend treiben...
Christlicher Glaube
und das Leid in der Welt.
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Einstieg 1:
Immer wieder geschieht es, daß Menschen sich in einer
Situation befinden, in der sie an die Grenzen ihrer Belastung kommen:
Auseinandersetzungen mit anderen Menschen, Krankheit, Unfall, Naturkatastrophen,
finanzieller Ruin, Arbeitslosigkeit oder Scheidung...
Diese kurzen Beispiele lassen bereits zwei Gruppen solcher
Grenzsituationen erkennen, nämlich die Gruppe jener, die vielleicht durch
rechtzeitiges oder richtiges Handeln hätten verhindert werden können, und
jene, die wir als »höhere Gewalt« einstufen, an denen kein Mensch etwas
hätte ändern können.
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Einstieg 2:
In den vergangenen Jahren mehrt sich die Zahl der
Kirchenaustritte in unserem Land. Sicher sind die Beweggründe bei den Einzelnen
sehr verschieden.
Es ist wahrscheinlich nicht in erster Linie die Frage der
Kirchensteuer, die zum Kirchenaustritt führt, sondern eher die Feststellung,
daß der Glaube nicht mehr trägt, die Kirche als eine (für sie) unnötige
Institution empfunden wird, und erst im Anschluß daran wird es als unsinnig
angesehen, den »Mitgliedsbeitrag« für einen Verein zu zahlen, von dem man
sowieso nichts mehr hält.
In Einzelnen Fällen haben aber auch konkrete Lebenskrisen
zum Entschluß geführt, aus der Kirche auszutreten. Der Glaube, den die Kirche
verkündet, wurde hier als nicht tragfähig erlebt, war scheinbar keine Hilfe,
diese Krise zu bewältigen.
Ein Medikament, von dem man weiß, daß es nicht hilft, setzt
man ab, es ist letztlich »das Geld nicht wert.«
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Einstieg 3:
Als Kindern wurde uns beigebracht, vom »lieben Gott« zu
sprechen. Eine Aussage, die theologisch solange einwandfrei ist, wie man sie im dem
Sinn versteht, daß wir von einem Gott sprechen, der die Menschen liebt.
Wie schwierig das Wort vom »lieben Gott« aber nun
tatsächlich ist, zeigt sich daran, daß von Erwachsenen kaum noch jemand diese
Formulierung benutzt. Woran merken wir oder warum glauben wir, daß es schwierig
ist, so von Gott zu reden. Warum fällt es uns schwer, wie in Kindertagen
Gott den »lieben Gott« zu nennen?
Nicht nur Menschen, die aus der Kirche austreten und für
sich selbst oder auch für andere nach einer Begründung suchen, kennen diesen
Satz:
»Wenn es einen (lieben) Gott gäbe, wie könnte er all das
Leid und Elend zulassen, das in der Welt geschieht und das Menschen einander
antun?«
Auch in dieser Aussage entdecken wir jene beiden oben
erwähnten Bereiche.
Zu der zweiten Gruppe sagt Dorothe Sölle in Bezug auf
die Frage, wie Gott Auschwitz zulassen konnte: »Wie konnten wir es
zulassen!«
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Der Standpunkt
Über all diese Fragen kann ich nur reden, wenn ich für mich
einen Standpunkt gefunden habe, von dem aus ich mein Leben und alles Geschehen
um mich herum deute.
In der Wissenschaft nennt man solche Standpunkte Axiome,
Grundsätze, die nicht mehr weiter in Frage gestellt und bewiesen werden
müssen, weil man sie entweder anwendet oder nicht.
In der Mathematik gibt es z.B. das System der realen
Zahlen, wie wir sie im Alltag gebrauchen, und das System der irrealen
Zahlen, das sich für kompliziertere Berechnungen besser eignet. Beide Systeme sind nicht miteinander
kompatibel, austauschbar; die Regeln des einen gelten nicht unbedingt auch im
anderen.
Der Satz 1+1=2 ist eine Aussage, die nicht weiter diskutiert
wird, weil, würden wir sagen 1+1=3, alle folgenden Aussagen anders aussehen
würden. Zunächst wären 1, 2 und 3 dabei nur Worte, die wir für irgendwelche
Wirklichkeiten oder Gegenstände gebrauchen. Worte sind letztlich austauschbar,
wie zum Beispiel die Entwicklung der Sprache zeigt.
Mißverständnisse entstehen immer dadurch, daß verschiedene
Menschen Worte unterschiedlich verstehen und gebrauchen.
In der Wissenschaft setzt man daher auf strenge Definition.
Wer diese Definition nicht akzeptiert, befindet sich außerhalb des Systems und
kann wohl über die Sache sprechen, aber nicht mitreden.
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Axiome des Glaubens
Glaube und Religion haben viel mit Sprache zu tun.
"Theologie"
heißt zum einen: Reden über Gott, zum anderen: das Reden Gottes.
Genau genommen muß man diesen Gedanken umkehren: Gott hat zu
uns Menschen gesprochen, und wir Menschen reden nun darüber, was dies für uns
bedeutet.
Und mit dieser Aussage sind wir mitten im System und treffen
auf ein Axiom, eine Wirklichkeit, die entweder als solche angenommen wird
oder nicht, die aber nicht weiter zu diskutieren ist:
Alles was ich im Folgenden sage, stimmt zum Beispiel nur
unter der Voraussetzung, daß die Aussage »Gott hat zu uns Menschen
gesprochen« Wirklichkeit ist.
Gott hat in menschlicher Sprache zu uns gesprochen, also so,
daß wir ihn verstehen können, doch hat er nicht selbst seine Botschaft an uns
Menschen aufgeschrieben sondern dabei Menschen in seinen Dienst genommen, die
ihre Erfahrungen mit Gott in Worte gefaßt und aufgeschrieben haben.
Dies ist bereits eine Ausdeutung des grundsätzlichen Axioms.
Die Klärung wie Gott zu uns spricht, ist nicht ganz so wichtig wie die
Feststellung, daß er zu uns spricht.
Zusammenfassungen solcher Axiome, der Grundsätze
unseres Glaubens, finden wir zum Beispiel in unseren beiden
Glaubensbekenntnissen; diese Texte wollten nicht Gebete sein sondern
Erklärungen über gemeinsame Grundsätze.
Bei der Frage nach Leid und Unheil in der Welt möchte ich
einige dieser Grundsätze einmal herausgreifen:
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1. Ich
glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der
Erde...
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Wenn ich als Christ über Leid und Unheil rede, dann kann
ich dies nicht tun, ohne zu bedenken, daß ich Geschöpf bin.
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Ein Geschöpf wird immer ungefragt ins Leben gerufen.
Eltern zeugen ihr Kind, ohne es vorher fragen zu können.
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Ich kann zwar fragen, warum meine Eltern mich gewollt
haben, aber — gleich wie die Antwort ist — an meiner Existenz ändert es
nichts.
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Ich werde also als Geschöpf nie auf einer Stufe mit
meinem Schöpfer stehen können. Meine Eltern werden mir immer die Jahre, die
sie vor mir gelebt, und die Dinge, die sie vor mir erlebt haben,
voraus haben. Viele Dinge und Bereiche ihres Lebens werden mir möglicherweise
immer fremd bleiben.
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Ich bin nicht das einzige Geschöpf Gottes. Es gibt
andere Menschen, es gibt Tiere und die Natur: die Welt, auf der wir leben.
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Die Bibel sagt von dieser Welt: Gott sah, daß sie gut
war.
Er, der Schöpfer, hat es mir voraus, dieses Urteil zu
sprechen.
So, wie ich es nie verstehen werde, wie es dazu kommen
konnte, daß in dem Deutschland, in dem meine Eltern groß wurden, ihre
Mitmenschen zu Millionen umgebracht wurden, werde ich es auch nie verstehen,
wie Gott eine Welt gut nennen kann, in der es Erdbeben gibt und
Flutkatastrophen, in der es Menschen gibt, die andere quälen und töten.
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Gott hat dieser Welt ihre Ordnung gegeben, eine Ordnung,
die er als gut bezeichnet. Es gehört zu seinem Schöpfungsplan, zu dieser
Ordnung, daß der Mensch immer tiefer in dieses System mit dem Verstand
eindringt. Dinge, die vor hundert Jahren noch unerklärbar waren, lernen wir
heute bereits in der Grundschule.
Wir wissen heute, daß Blitz und Donner nicht Strafen eines
grollenden Gottes sind sondern Naturereignisse, die notwendig sind und ihren
Sinn haben im Zusammenspiel der Naturgewalten.
Ähnliches gilt für andere Ereignisse, auch wenn sie
Menschen Haus und Hof, Leib und Leben rauben.
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2. Und
an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn...
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Weil Gott in menschlicher Sprache zu uns gesprochen hat,
können auch wir nur in unserer Sprache über ihn reden. Alles, was wir sagen,
bleibt dabei letztlich nur ein Bild, das uns zwar einen Eindruck vermittelt,
nie aber die ganze Wirklichkeit.
Wenn wir die Gedanken der Bibel verfolgen, dann zeigt sich
uns folgendes Bild:
Gott schuf den Menschen in eine Welt, von der er sagen
konnte, daß sie gut war. Auch auf den Menschen, den er geschaffen hatte, traf
dieses Urteil zu.
Gott hatte sich keine Puppenstube aufgebaut, mit der er nun
spielen wollte, sondern ein System, das in sich stimmig war, das lebte und
sich somit entwickelte. Die Bibel sagt: aus Liebe; Martin Buber deutet
dies so: Gott suchte das Du.
Wenn Gott aber keine Puppen wollte, keine Marionetten, dann
mußte er auch zulassen, daß dieser Mensch mißtrauisch ihm gegenüber werden
konnte und sich gegen ihn entschied.
Die Geschichte vom Sündenfall ist nicht die Geschichte der
ersten Menschen sondern des Menschen überhaupt. Sie erzählt
meine eigene Geschichte.
Bin ich ein freier Mensch, so bin ich auch immer ein
Mensch, der seinen Zweifel hat, ob das, was Gott so vorschnell »gut« nennt, wirklich auch gut ist
für mich. Die Bilderzählung des Schöpfungsberichtes von der Frucht des
Baumes der Erkenntnis und der verführerischen Schlange zeigt nun: Wenn ich
diesen Zweifel zu meinem Lebensprinzip mache, dann kann ich nicht mehr in
Gottes Welt leben.
Nicht der Zweifel an sich ist das Übel, sondern daß ich
den Zweifel wichtiger nehme als die Liebe, die ich mindestens so oft spüren
könnte, wie der Zweifel sich regt. (Der Zweifel macht blind für die Liebe HE).
Die Vertreibung aus dem Garten Eden ist nun nicht etwa die
Bestrafung des zweifelnden Menschen durch einen in seiner Ehre gekränkten
Gott sondern die Frucht der Freiheit: Der Mensch glaubt, Gott hätte ihm etwas
vorenthalten. Nun, da er seinen Zweifel gegen Gott durchgespielt hatte, erkennt
er wirklich, wie Gott zu ihm steht, und er ist um so mehr beschämt. Er
versteckt sich, versucht sich herauszureden; er hat sich innerlich
entschlossen wegzugehen, weil er dies für den leichteren Weg hält, leichter
als mit diesem Versagen vor Gott zu stehen.
Er glaubt, Gott verloren zu haben. Doch selbst jetzt noch
sorgt sich Gott um den Menschen und schenkt ihm mit der Kleidung, die er ihm
fertigt, einen neuen Anfang.
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Die Bibel spricht nicht von einem Paradies, das
der Mensch verloren hat, sondern vom Garten Eden.
Es war dies nicht ein Schlaraffenland sondern ein Ort
dieser Erde wie viele andere auch, ein Ort, an dem die Gesetze der Natur
galten wie überall sonst auf der Erde.
Der Garten Eden ist überall. Die ganze Welt ist voll der
Gegenwart Gottes.
Erst wenn der Mensch den Blick für dieses Wunder
verliert, wird die Welt hart und steinig!
Ich erinnere mich an die Frage der Theologen: »Wären Adam
und Eva, wenn sie nicht gesündigt hätten, trotzdem gestorben?« Die Antwort:
»Biologisch ja, theologisch nein.«
Anders gesagt: Sie wären gestorben, aber ihr Tod hätte
ihnen nicht Angst gemacht.
Sie wären gestorben nach
den Gesetzen der Natur, so wie Menschen zu allen Zeiten gestorben sind, durch
Krankheit, Unfall, Katastrophen... aber es hätte ihnen nicht Angst gemacht,
weil die Liebe Gottes in ihrem Herzen war, die Liebe, die am Anfang der Welt
sah, daß alles sehr gut war.
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Der Gedanke der sog. »Erbsünde« bekommt in dieser Sicht
der Dinge wieder seinen ursprünglichen Gehalt:
Uns geht es wie Adam und Eva: Wir leben in einer Welt, die
erfüllt ist von Zeichen der Liebe Gottes, doch wir haben Zweifel und Angst: Was
ist, wenn es Gott doch nicht gut mit uns meint. Was wird aus mir, wenn ich
morgen erfahre, daß ich Krebs habe? Was hatte ich nicht noch alles vor!
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Wir können nur in Bildern von Gott sprechen, und so
möchte ich sagen: Gott hat die Not des Menschen bemerkt. Es lag ihm viel daran,
das ursprüngliche Vertrauen des Menschen wieder herzustellen.
Die Bibel nennt dies die »Fülle der Zeiten, in der Gott
seinen einzigen Sohn in die Welt sandte, damit jeder, der an ihn glaubt, in ihm
das Leben hat«.
Das war die Predigt Jesu: Geht nicht auf in den Sorgen dieser
Welt! Kommt zu mir alle, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt! Wer an
mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt...!
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Jesus lenkt unseren Blick deutlich darauf hin, daß unser
Leben schon in dieser Welt gelingen soll. Durch sein Reden und Tun zeigt er:
Gott will, daß unser Leben gelingt; er will, daß wir glücklich sind.
Krankheit, Elend, Schicksalsschläge sind nicht Strafen
Gottes.
Gott will nicht, daß wir darunter leiden.
Er will uns anleiten zu einer Gelassenheit, die Dinge, die
wir nicht ändern können in Gottes Hand zu legen, im Vertrauen, daß er uns
nicht fallen läßt.
Er selbst betete am Kreuz: »Vater, in deine Hände empfehle
ich meinen Geist«.
Dietrich Bonhoeffer formulierte diese »Gelassenheit
des Glaubens« so: »Und würde ich noch so tief fallen, ich könnte nicht
tiefer fallen als in die liebenden Hände Gottes.
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3. Ich
glaube an den Heiligen Geist, die Gemeinschaft der Kirche und das Leben der
kommenden Welt.
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Die Zeit, in der Jesus als Mensch auf dieser Erde das
Leben mit uns teilte, ist vorbei.
Manchmal möchte man mit Neid blicken auf die Apostel und
Jünger, die ihn erleben durften, auf die Mutter des Jungen aus Nain oder den
Vater Jairus, auf Bartimäus oder den Aussätzigen aus Samaria.
Doch alles in allem waren es etwa 50-70 solcher Zeichen,
die Jesus getan hat. Keines, dieser Zeichen geschah, um zu beweisen, daß die
Gesetze der Natur nicht gut wären. Wem würde es helfen, wenn aus unseren
Brunnen Wein flösse. Selbst die schrecklichste Krankheit hat ihren Sinn in
der Evolution des Menschen, den nächsten Generationen das Leben auf dieser
Erde zu ermöglichen.
Natürlich hätte Gott alles anders machen können, aber
danach fragt Jesus nicht. Er stellt Gottes Schöpfung nicht in Frage. Seine
Zeichen sollen nur Hinweis darauf sein, daß er von Gott kommt, daß er
Vollmacht Gottes hat.
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Der Mensch stellt Gottes Schöpfung in Frage, versucht,
die Gesetze der Natur zu umgehen, aufzuheben. In diesen Grenzbereichen erleben
wir häufig, daß dies nicht gut ist, vielfach ist eine Mißachtung
oder Geringschätzung des Lebens die Folge.
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Was also tun? Einerseits sollen wir die Erde bebauen, an
Gottes Schöpfungsplan mitwirken, andererseits sollen wir Grenzen nicht
überschreiten, die wir nicht einmal klar sehen können.
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Uns Christen ist der Hl. Geist geschenkt. Er leitet uns
an zu unterscheiden: Tu, was du kannst, Leid und Unheil in den Griff zu
bekommen. Medizinische Forschung, Naturwissenschaften, Friedensarbeit,
Naturschutz dürfen nicht auf der Stelle stehen bleiben. Erkenntnisse in
diesen Bereichen sind ein Geschenk Gottes. Viele gläubige Wissenschaftler
haben für sich auch eine Grenze erkannt: nämlich soweit zu gehen, wie dem
Leben gedient wird.
Banale Krankheiten, an denen Menschen noch vor wenigen
Jahrzehnten starben, sind heute leicht zu beherrschen oder gar zu heilen.
Auch Katastrophen sind eher vorauszusehen als vor hundert
Jahren. Ein Blitzschlag muß schon lange nicht mehr dazu führen, daß Häuser
abbrennen.
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Doch bleiben immer noch Bereiche, in denen die Grenzen
nicht übersprungen werden können, in denen wir nur hilflos zusehen können,
was geschieht.
Hier ist die Kirche gefordert, die Gemeinschaft der
Glaubenden, derer, die ihre Hoffnung setzen auf Gott.
Wenn wir nicht helfen können, ein Unheil zu verhindern,
dann sind wir gefordert als »Gemeinschaft des Trostes« Lebenshilfe zu
bieten, den Betroffenen zu helfen, daß sie in ihrem Leid nicht ertrinken.
Trost meint hier nicht jenen »billigen Trost«, mit dem
wir uns als Außenstehende selbst schnell trösten, um uns ja nicht auf die
Betroffenen einlassen zu müssen.
Trost, der aus dem Glauben kommt, hat keine vorschnellen
Antworten, sondern bietet die Bereitschaft an, dazubleiben, mitzuweinen,
mitzuleiden, das Leid des anderen (trotz eigener Sorgen) auszuhalten..
Das ist sicherlich anstrengend, aber nur so kann der
gläubige Mensch die Kraft des Glaubens erfahren.
Wenn Menschen mich nicht fallen lassen, kann ich leichter
erfahren, daß Gott mich nicht fallen läßt.
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Der letzte Artikel des Glaubensbekenntnis erinnert mich
aber auch daran, daß das Leben, so wie wir es kennen, nicht alles ist. Die
Verheißung des »Lebens der kommenden Welt« ist für mich keine Vertröstung
nach dem Motto: Wenn du schön geduldig alles erträgst — vor allen Dingen
das Unrecht, das andere dir antun —, dann wirst du später dafür belohnt...
Sie ist vielmehr ein Versprechen, das Jesus uns gemacht
hat, und das mir Kraft gibt, alles daran zu setzen, daß für immer mehr
Menschen dieses Leben schon hier beginnt.
Auch die »neue Welt« ist kein fernes Paradies,
sondern der Ort, an dem den Menschen nichts wichtiger ist als das Gesetz der
Liebe.
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Zusammenfassung
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Gott
ist Schöpfer, ich bin Geschöpf... Gott sah, daß es gut war. Als Geschöpf
habe ich nicht die Weisheit zu verstehen, wie Katastrophen in eine »gute Welt«
passen, welchen Sinn Dinge habe, deren Sinn ich nicht begreife.
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Die
ganze Bibel ist voll von Geschichten der Liebe Gottes zu uns Menschen. Jesus ist
sozusagen der letzte Beweis dieser Liebe.
Ich kann nicht glauben, daß diese Liebe mir nicht
gilt.
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Die
Gemeinschaft derer, die diesen Glauben mit mir teilen, gibt mir die »Gewißheit
des Glaubens«. Das Zeugnis von Menschen, die den Glauben mit mir teilen oder
vor mir aus dem Glauben gelebt haben, bestärkt meinen Glauben.
Viele Gedichte und Lieder erzählen davon, was der Apostel
Paulus im Römerbrief so ausdrückt: »Was kann uns scheiden von der Liebe
Christi? Bedrängnis oder Not oder Verfolgung, Hunger, Kälte, Gefahr oder
Schwert? All das überwinden wir doch durch den, der uns geliebt hat.«
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Wer
dieses Wort des Apostels Paulus für sein Leben als Grundlage entdeckt hat, wird
auch in der Not nicht verzweifeln. »Überwinden« heißt nicht, rückgängig
machen sondern »über etwas hinwegkommen« und einen neuen Horizont sehen.
Ich vertraue darauf, daß mein Glaube mir hilft, immer Land
vor den Augen zu haben, und anderen, die meine Hilfe brauchen, dieses Land zu
zeigen.
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Dann
kann ich sogar mit den Worten Samuel Rodigasts sagen:
Was Gott tut, das ist wohl getan;
dabei will ich verbleiben.
Es mag mich auf die rauhe Bahn
Not, Tod und Elend treiben,
so wird Gott mich ganz väterlich
in seinen Armen halten;
drum laß ich ihn nur walten.
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Gott
getrost walten lassen heißt nicht, das eigene Leben aufzugeben. Ich darf und
soll vor ihm klagen. Ich darf ihn fragen, wie Jesus es am Kreuz tat: »Mein
Gott, warum hast du mich verlassen?«, und werde erst dann die Antwort finden,
daß er mich nicht verlassen hat.
Das Gebet, die Zwiesprache mit Gott, ist letztlich der
einzige Weg, in Freud und Leid das Leben zu verstehen.
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(C) 2002 Heribert Ester |
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