25. Sonntag im Jahreskreis:   
Neun Zehntel    

Eisberge kenne ich nur aus dem Fernsehen. Wenn ich es nicht irgendwo gehört oder gelesen hätte, wüßte ich vielleicht nicht, daß der Teil, der über dem Wasser zu sehen ist, der kleinste ist. Vielleicht ließe mich die Beobachtung der Eiswürfel im Glas etwas in der Art vermuten, aber mit Sicherheit kann ich das nicht behaupten. Als Kind habe ich immer gedacht: Eis schwimmt auf dem Wasser. Das ist ja auch soweit ganz richtig, daß aber Eis im Grunde selbst Wasser ist, darüber habe ich nicht nachgedacht.
Die Ermordung der schwedischen Außenministerin Anna Lindh hat in diesen Tagen viele Menschen betroffen gemacht. Man ist erinnert an die Ermordung Olof Palmes oder John F. Kennedys, und man fragt sich, wie es kommt, daß Menschen zu solch einer Tat fähig sind.
Wie weit kann die Sucht, das eigene Denken durchsetzen zu wollen, gehen? Die äußere Erscheinung eines Menschen läßt es nicht erahnen. Das Böse in mir bleibt unterhalb der Oberfläche des Alltäglichen verborgen.
Beeindruckend finde ich immer die Bilder, wenn ganze Eiswände von den Eisbergen abbrechen und ins Meer stürzen. Die Sonne hat eine solche Kraft, daß selbst der mächtigste Eisberg ihr nicht widerstehen kann.
Auf diese Kraft hat Jesus vertraut, daß das Gute im Menschen und unter den Menschen das Böse, und sei es auch noch so sehr verborgen, besiegen kann. Und er lädt uns ein, in seiner Nachfolge das Licht der Liebe leuchten zu lassen und mit seiner Wärme das Eis in uns und um uns herum zum Schmelzen zu bringen.

 


(C) 2003 Heribert Ester