Aschermittwoch: |
Als vor ein paar Jahren in Berlin der Reichstag
"verpackt" werden sollte, war mein erster Gedanke: welch ein
Humbug. Aber schließlich waren dann die Bilder zu sehen, wie das
Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude das Reichstagsgebäude verhüllt
hatten. Das war für mich einer der vielen Momente in meinem Leben, wo ich
meinem eigenen Vor-Urteil eine völlig neue Bewertung geben mußte. Das Bild
des verpackten Reichstags war mehr als nur ein Aktionskunstwerk, es wirkte
auf mich mit einer Ästhetik, wie ich sie mir vorab nicht habe vorstellen
können. Schon damals kam mir die Idee, ähnliches einmal zur Fastenzeit in
unserer Kirche zu machen. Den alten Brauch, Bilder, Kreuze und Altäre mit
einem Tuch zu verhängen, auf diese Art neu zu beleben. Denn dieser Brauch
war im Laufe der Jahrhunderte verkümmert zu einem einfachen Verhüllen der
Kreuze am Passionssonntag, das wir in der Form noch kennen. Am Aschermittwoch haben wir die Gottesdienste zur Austeilung des Aschenkreuzes unter das Wort des Propheten Jesaja gestellt, wo er sagt: "Suchet den Herrn, solange er sich finden läßt." Ja, Gottes Nähe zu suchen nicht erst in "bösen Tagen", dafür kann uns die Verhüllung unserer Altäre und des Ambos in unserer Kirche ein mahnendes Bild sein.
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