Aschermittwoch:   
Suche den Herrn!    

Als vor ein paar Jahren in Berlin der Reichstag "verpackt" werden sollte, war mein erster Gedanke: welch ein Humbug. Aber schließlich waren dann die Bilder zu sehen, wie das Künstlerehepaar Christo und Jeanne-Claude das Reichstagsgebäude verhüllt hatten. Das war für mich einer der vielen Momente in meinem Leben, wo ich meinem eigenen Vor-Urteil eine völlig neue Bewertung geben mußte. Das Bild des verpackten Reichstags war mehr als nur ein Aktionskunstwerk, es wirkte auf mich mit einer Ästhetik, wie ich sie mir vorab nicht habe vorstellen können. Schon damals kam mir die Idee, ähnliches einmal zur Fastenzeit in unserer Kirche zu machen. Den alten Brauch, Bilder, Kreuze und Altäre mit einem Tuch zu verhängen, auf diese Art neu zu beleben. Denn dieser Brauch war im Laufe der Jahrhunderte verkümmert zu einem einfachen Verhüllen der Kreuze am Passionssonntag, das wir in der Form noch kennen.
Am Aschermittwoch haben wir die Gottesdienste zur Austeilung des Aschenkreuzes unter das Wort des Propheten Jesaja gestellt, wo er sagt: "Suchet den Herrn, solange er sich finden läßt."
Ja, Gottes Nähe zu suchen nicht erst in "bösen Tagen", dafür kann uns die Verhüllung unserer Altäre und des Ambos in unserer Kirche ein mahnendes Bild sein.

 


(C) 2003 Heribert Ester