31.
Sonntag im Jahreskreis: |
In einer Zeit wie dieser möchte ich nicht
Politiker sein, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika schon gar
nicht. In diesen Tagen, da Anthrax-Briefe ihre ersten Todesopfer fordern, in denen wir die Berichte der Angriffe auf Afghanistan im Fernsehen verfolgen, und wir befürchten, daß nun auch die großartige Golden Gate Bridge Opfer des Terrors werden könnte, gehen mir oft die Sätze durch den Kopf: "Mein ist die Rache, spricht der Herr!" und "Wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, halte ihm auch die rechte hin!" Aber wieviel Wangen haben die Menschen in Amerika eigentlich hingehalten, als Terroristen im Minutentakt Tausende hinschlachteten. Und wenn auch die Rache Gottes ist, wie sollte in einer Welt, die so ist, wie wir sie gerade erleben, der Präsident eines so großen Volkes ihm allein die Rache überlassen? "Du darfst dir nicht alles gefallen lassen." Auch dieser Satz stimmt und hat seine Berechtigung. Auch Jesus hat vor Pilatus gefragt: "Wenn ich die Wahrheit sage, warum schlägst du mich?" Es gibt Momente, da ist man einfach gezwungen, sich zu wehren, um sein Gesicht zu wahren oder andere in ihre Schranken zu weisen. Aber auch diese Erfahrung habe ich schon gemacht: Jeder Rückschlag ist ein Rückschlag, mit jedem Gegenschlag, den ich vorangetrieben habe, ist das Gold meiner eigenen Ideale stumpfer geworden. In diesen Tagen bleibt uns nichts anderes als zu beten, daß die Spirale von Gewalt und Gegengewalt nicht ins Endlose treibt, denn Verlierer bleibt der Mensch, die Welt, und das, was Gott und Menschen geschaffen haben.
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