31. Sonntag im Jahreskreis:   
Drei Formen der Liebe   

Vielleicht erinnern Sie sich noch an den sogenannten "Radikalen-Erlaß" vor etwa 20 Jahren. Mitglieder extremer politischer Parteien sollten nicht im Öffentlichen Dienst eingestellt werden.
Das Wort "radikal" hat im Laufe der Jahrhunderte eine Wandlung in negative Richtung durchgemacht. Ursprünglich ist es ein Lehnwort aus dem Lateinischen. Es kommt vom Wort "radix - die Wurzel". Noch heute bezeichnet das Radieschen jene Pflanze, deren Frucht an der Wurzel zu finden ist.
"Radikal" bezeichnete also ursprünglich eine Haltung oder Handlungsweise, die sehr nah an den Ursprüngen einer Idee oder einer Sache orientiert ist. Von daher läßt sich auch erst die heutige Bedeutung des Wortes erklären, daß jemand extrem und kompromißlos in seinem Standpunkt oder seiner Handlungsweise ist.
Solch eine "radikale" Liebe fordert Jesus im Grunde von dem Schriftgelehrten, der ihn fragt, welches das wichtigste Gebot sei: eine Liebe ohne Kompromiß, eine Liebe, die ihre Früchte so nah wie eben möglich an den Wurzeln zeitigt, die Gott gesetzt hat.
Wer dieses Gebot erfüllt, kann im Grunde gar kein anderes Gebot übertreten.
Wir haben zwar nicht gefragt wie jener Schriftgelehrte; aber die Antwort gilt durchaus auch uns.



(C) 2000 Heribert Ester