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Gemeinden ohne Eucharistie
Ende der (Kirchen-)Liturgiereform?
Vor Jahren habe ich in einem Zeitungsartikel von einer kleinen Gemeinde in
Niederösterreich geschrieben, die "einen Priester
sucht", weil sie sonst oft keine Sonntagsmesse mehr feiern kann.
Ich habe damals angemahnt, man könne einer Gemeinde, soll sie Vollgestalt
annehmen, die Eucharistie nicht vorenthalten, weil diese ja "Quelle
und Höhepunkt des ganzen christlichen Lebens ist". "Noch
suchen Gemeinden selbst nach einem Priester", schrieb ich. "Müßten
das aber nicht die Hirten kraft ihrer Verantwortung schon für
sie tun?" Und ich schlug vor, die geltenden
Zulassungsbestimmungen zum Priesteramt zu überprüfen und
gegebenenfalls zu verändern, weil, was "rein kirchlichen Rechtes
ist, geändert werden müßte, wenn höhere Werte auf dem Spiele
stehen". Darauf haben übrigens schon sehr viele Bischöfe besorgt
hingewiesen, besonders deutlich und zu wiederholten Malen der
frühere Bischof von Innsbruck, Reinhold Stecher, zuletzt in
seinem weit über die Grenzen des Landes hinaus bekanntgewordenen
Brief vom November 1997.
Es ist erschreckend, daß neuerdings innerhalb der katholischen Kirche mit
so viel Einsatz und Emotion über alte und neue Liturgie gestritten wird,
über redaktionelle Fragen des Meßbuches, über liturgische Kleidung
und die "Kunst des Zelebrierens", man dabei aber fast schamhaft
verschweigt, daß vielfach die Priester fehlen, die allein kraft
ihrer Weihe Eucharistie leiten können. Ich glaube, dahinter steht
die Angst, man müßte sonst eine viel tiefgreifendere Reform
angehen. Die Konzilsväter haben ihre Arbeit mit der Einleitung einer
Erneuerung der Liturgie begonnen. Sie wußten, daß in der
Liturgie das Wesen und Leben der Kirche zum Ausdruck kommt und
sie sich von dort her ständig Kraft holt. Alle Bemühungen um eine
Kirchenerneuerung und in deren Folge um eine Neuevangelisierung
können nur dann erfolgreich sein, "wenn und insofern der 'Ecclesia
reformanda' eine 'Liturgia reformanda' korrespondiert". So ist
die Erneuerung der Liturgie wahrhaft Maßstab nachkonziliarer
Erneuerung.
Helmut Krätzl, Im Sprung gehemmt
Was mir nach dem Konzil noch alles fehlt
Mödling, 1999, S. 45f
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