Keine selbstgenügsame
Privatheit: Was
Johann Baptist Metz für die Kirche der Zukunft verlangt
Das
Christentum soll sich nicht mit einer wachsenden "Tendenz zur
Selbstprivatisierung" zufriedengeben. Das schreibt der
Münsteraner Theologe Johann Baptist Metz in der "Süddeutschen
Zeitung".
Der Theologe nennt für seine kritischen Beobachtungen
zwei Beispiele. Zum einen das Bestreben, sich selbstzufrieden zurückzulehnen und den Gott Jesu als Gott der
"kleinen Herde"
zu deuten. Damit lege man sich kirchlich allein auf Gleichgesinnte fest.
Aber: "Dieser Weg ist der Kirche durch ihre eigene Botschaft
versperrt. Denn der von ihr verkündete Gott, der Gott Abrahams,
Isaaks und Jakobs, der auch der Gott Jesu ist, ist nicht das
Privateigentum der Kirche. Er ist überhaupt niemandes
Privateigentum."
Zum anderen sieht Metz die Gefahr, daß die
Kirche sich mehr und mehr als bürgerliche Servicekirche für
verschiedenste Lebenslagen versteht, derer man sich bedient, wenn es
den eigenen Bedürfhissen zupaß kommt. "In einer diffusen und
unübersichtlichen postmodernen Welt nehmen die privaten
Lebensrahmenbedürfnisse immer mehr zu. Als Repräsentantin eines
solchen privaten Lebensrahmens wird die Kirche in ihren Liturgien
weiterhin Aufmerksamkeit finden. Wie aber steht es um ihre Chance
als Repräsentantin der Lebensgestaltung in einer weltanschaulich pluralistischen Öffentlichkeit?"
Die Kirchen Mitteleuropas seien
kein Auslauftmodell. Allerdings sei ihre Zukunft eng an die
Herausforderungen der Neuzeit geknüpft: "die innerchristliche
Reformation, die politische Aufklärung, die staatliche Säkularisierung
und die gesellschaftliche Pluralisierung", was auch die
Weltkirche herausfordert. Ein geistiges Bewältigen und
Überstehen der aktuellen Krisen setze voraus, daß man sich
dieser Entwicklung stellt und durch sie hindurchgeht.
Christ in der Gegenwart,
40/2004, S. 330
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