Lesesaal   
Ökumene in der Zwischenzeit

Ein Vorschlag zum Kommunionempfang
von Konfessionsverbindenden Ehepartnern

Viele konfrssionsverschiedenen-konfessionsverbindenden Ehepaare verstehen ihre Gemeinschaft als Heine ökumenische Zelle, als Hauskirche. Sie engagieren sich aktiv geistig-geistlich in Kirche und Gesellschaft, geraten allerdings bei der Frage, ob der evangelische Partner in der katholischen Eucharistiefeier zur Kommunion und der katholische Partner im evangelischen Gottesdienst zum Abendmahl gehen dürfe, nach wie vor in Gewissenskonflikte' ja in Konfrontation mit der Haltung des Lehramts in dieser Frage. Das hat auch unsere Initiative zum ökumenischen Kirchentag in Berlin ,,Was verbinden Sie mit der Erfahrung von Eucharistie und Abendmahl?" in großem Ausmaß gezeigt.
Die Regensburger Kirchenrechtlerin Sabine Demel meint nun (in den ,,Stimmen der Zeit", Oktober) daß eine konsequente Anwendung kirchenrechtlicher Bestimmungen, die den jüngsten Entwicklungen in den katholisch-lutherischen Ökumene-Gesprächen Rechnung trägt, die konfessionsverbindenden Ehepartner geistlich wie theologisch im Gewissen entlasten könnte. Denn das Kirchenrecht sehe (in Kanon 844, § 4) den ausnahmsweisen Kommunionempfang für Nicht-Katholiken unter anderem auch im Fall einer "anderen schweren Notwendigkeit" vor.
Diese Formulierung nimmt Demel zum Anlaß, über den Kommunionempfang des nicht-katholischen Ehepartners in einer Eucharistiefeier nachzudenken: Nicht nur aus geistlichen Gründen, wie verschiedene Kirchenrechtler diese Wendung interpretiert haben, könne einem Nicht-Katholiken der Kommunionempfang in einer Eucharistiefeier erlaubt werden. Hierunter verstehe man etwa die Sehnsucht nach gemeinsamem Wachstum im Glauben. Die Kirchenrechtlerin sieht darüber hinaus auch theologisch-dogmatische Gründe gegeben: "Wenn die christliche Ehe Sakrament der Treuebindung Jesu an seine Kirche ist, dann ist sie zugleich auch als ein Sakrament der Kirchengemeinschaft zu bestimmen, auf die der Grundsatz anzuwenden ist: Eucharistiegemeinschaft ist Kirchengemeinschaft und umgekehrt." Daraus schließt Demel: Wenn wie nach katholischem Recht eine Ehe als Sakrament und damit als Abbild der Treue Gottes zur Kirche betrachtet wird, müsse man dem nicht-katholischen Partner die sakramentale Teilhabe an der Gemeinschaft der Kirche im Herrenmahl ermöglichen. Es dürfe keine Kluft zwischen dem Recht und der Sakramentenpastoral geben.
Freilich sei zu beachten, daß eine volle Kirchengemeinschaft noch nicht erreicht ist. Aber die Zwischenzeit, das "Schon und Noch-nicht", könne mit Recht als "schwerwiegende Notwendigkeit" unter bestimmten Umständen bezeichnet werden. Die Kirchenjuristin empfiehlt, daß ökumenisch aktiven Ehepaaren lehramtlich "der Kommunionempfang beim Herrenmahl" gestattet werden sollte. Da vor allem Lutheraner und Katholiken im Eucharistie- beziehungsweise Abendmahlsverständnis einen weitgehenden Konsens erreicht haben, sollte da grundsätzlich gelten, daß unter Ehepaaren wechselseitig Lutheraner bei den Katholiken und Katholiken bei den Lutheranern an den Tisch des Herrn treten dürfen.
Um seelsorglich entscheiden zu können, schlägt Sabine Demel vor, die Orientierungshilfen anzuwenden, die im Bistum Straßburg gelten, wo seit 1972 eine weltweit einzigartige, von Rom nie widerrufene Regelung gilt, die gelegentliche Teilnahme evangelischer Christen an der Kommunion in der Eucharistiefeier zu erlauben.


Christ in der Gegenwart, 41/2003, S. 350

 

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