In
eine neue Zeit führen lassen
... Der endgültige Niedergang des Christentums in
der westlichen Welt droht ... nicht. Es geht - nicht überall gleichzeitig
- eine Zeit der Kirchengeschichte zuende. Wir stehen vor der
Herausforderung, uns vom Geist in eine neue Zeit führen zu lassen. Die
Zukunft der Kirche bei uns kann mit Sicherheit nicht in der Rückkehr zu
den Verhältnissen von gestern gefunden werden; denn die Menschen in der
entfalteten Moderne leben anders als in den Zeiten vielfältiger
Verbundenheit in relativ geschlossenen und einheitlich (zum Beispiel
katholisch) geprägten Milieus. Die sogenannte Verdunstung des Glaubens
und die leerer werdenden Kirchen sind Folgen dieses gesellschaftlichen
Wandels. Die Menschen werden von unterschiedlichen konkurrierenden
Sinnangeboten und Lebensentwürfen umworben und haben zum Beispiel am
Sonntag unter verschiedenen reizvollen Lebensmöglichkeiten zu wählen.
Sie leben in einer nicht nur theoretisch behaupteten, sondern realen,
praktisch erfahrenen Religionsfreiheit. Zur Versammlung der Glaubenden
werden jene finden, denen ihre Taufberufung zu der einen kostbaren Perle
ihres Lebens geworden ist und denen darum die Feier der Eucharistie so
wichtig wurde, daß sie ihretwegen auf anderes verzichten können. Das
Christsein der Zukunft ergibt sich nicht mehr vorwiegend aus dem
Lebenszusammenhang, sondern wird immer mehr Antwort auf die erfahrene
Berufung zu einem Leben im Glauben an Jesus Christus. Die berufenen
Christen zu sammeln, damit sie sich gegenseitig für ihr Zeugnis in
unserer Gesellschaft stärken und anregen können, muß das gemeinsame
Ziel sein...
Prof. Dr. Dieter Emeis, Osnabrück
Christ
in der Gegenwart,. 34/2003, S. 288
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